Samstag, 6. Mai 2023

"Wo laufen sie denn ...."

Ich habe manchmal den Eindruck, dass ich meine Heimatstadt Bremen einfach nicht mehr wieder erkenne. Das hat viele Gründe. Ich greife mir einmal einen heraus:  der Bremer Rennplatz. Da muss ich etwas ausholen weil eine große Verbundenheit da ist, Meine Schul- und  und Jugendzeit verbrachte ich nämlich in direkter Nähe zum Rennplatz. Bevor eine Einzäunung uns daran hinderte,  spielten wir Kinder anfangs noch auf dem dicht  bewachsenen Seitenstreifen nahe dem Geläuf, lagen in sicherer Entfernung im Gebüsch, wenn die Pferde auf der Sandbahn im leichten Kanter vorbeizogen oder bei den Rennen im Pulk auf dem Gras vorbeidonnerten. Später wurde das Gelände eingezäunt und wir konnten nur noch am Zaun entlang tigern. Bei allen Aktivitäten, Schulbesuch, zum Schwimmbad, Gitarrenunterricht, das Gelände lag immer dazwischen. Der Bauboom der Nachkriegszeit hatte den einstmals etwas ab vom Geschehen liegende Rennplatz umrundet.

Hier hatte ich auch meinen ersten Pferdekontakt - ein schwarzes Jungpferd mit einer schmalen weißen Blesse, zu dem ich arglos in den Auslauf gestiefelt war und das mich herzhaft in die ausgestreckte Hand gebissen hat. Dann jagte es auskeilend mit seinem Kumpel davon. Dieses schmerzhafte Erlebnis hat mich nicht von dem Pferdebazillus heilen können. Wir gingen oft zu den Rennen, mein Mann arbeitet während des Studiums dort um die Haushaltskasse ein wenig aufzubessern. Außerdem gab es auf diese Weise Freikarten. Manchmal gab man auch eine kleine Wette ab, auf Platz, das war am sichersten. Da ich immer das Pferd nahm, dass mir optisch am besten gefiel, war aber auch die Platzwette nicht unbedingt eine sichere Bank. Mein absoluter Liebling hieß "Auf Auf" . Er gewann so gut wie nie.


Aufnahmen aus dem Jahr 2009, unser letzter Besuch der Rennbahn


Man sieht, meine Affinität zu Pferden hat mit dem Rennplatz zu tun und  mein späteres Pferd war ein ausgedienter schwarzer Renntraber mit schmaler weißer Blesse.  Der Rennverein hat das Gelände irgendwann an die Stadt Bremen verkauft. Wahrscheinlich aus finanziellen Gründen, der Verein hat das Gelände fortan von der Stadt gepachtet. Das ging nur eine Weile gut. Was macht der Politiker wenn er 30 ha begrüntes Gelände inmitten der Stadt sieht? Richtig, er bekommt Betonklötze vor den Augen. Man kündigte dem Rennverein die Freundschaft und schrieb das Gebiet zur Bebauung aus. Jetzt wurden die Bremer hellhörig. Unterschriften wurden gesammelt, es kam zum Volksentscheid: man wollte keine Bebauung. Nach den Rennen hat man nicht gefragt und der einfallsreiche Politiker fand und findet immer neue Gründe, dem Rennverein der gerne 1 bis 2 mal im Jahr noch ein Rennen durchführen würde, die Suppe zu verhageln. Eine kleine Straße soll demnächst durch das Gelände führen. Das macht die Rennen so gut wie unmöglich.

Diese Willkür macht mich nicht nur traurig sondern auch wütend. Vor kurzem sah ich im TV einen Bericht über den Berliner  Rennverein Hoppegarten.  Über die bewegte Vergangenheit, den Fast-Untergang und die Rettung durch einen Privatmann der das Gelände gekauft hat. Über den ambitionierten Einsatz aller, die den Galopprennsport lieben und die Verbundenheit der Berliner mit ihrem Rennverein, die familiäre Atmosphäre während der Rennveranstaltungen.. Der Bremer ist seinen Traditionen ebenfalls tief verhaftet. Das gilt wohl nicht für Politiker, besonders dann nicht, wenn sie gar keine Bremer sind. 

Das Thema Tierschutz wird auch gern gegen die Rennen ins Feld geführt. Es gibt (oder gab) tatsächlich Hindernisrennen in England die ich mir nicht nochmal ansehen würde, wo eine Grenze dessen überschritten ist, was Tier und Mensch zu zumuten ist. Der herkömmliche Rennsport als solches ist faire sportliche Angelegenheit. Laufen ist das, was Pferde von allein können ohne dass man sie zu Hochleistungen im Übermaß  drillen muss. Dass die Pferde geschätzt und sorgsam behandelt werden versteht sich von selbst. Leider gibt es  immer wieder Menschen, die meinen ihre Auffassung anderen überstülpen zu müssen. Aber sollte nicht für alle Platz und Respekt da sein in unserer Gesellschaft? 

Ich schweife ab und stelle schnell die Frage zu Ende " ....wo laufen sie denn hin?"



für alle, die sich mit dem Galopprennsport nicht so auskennen 


Text gesprochen von Wilhelm Bendow und Franz-Otto Krüger (1946)
Zeichentrickfilm von Loriot (Viktor von Bülow)
  

2 Kommentare:

  1. Pferdeallergie!
    Als eine entschuldbare Schreibbremse hoffe ich, die Diskussusion um die Bremer Pläne für die Rennbahn wird verfolgt, allerdings ohne persönliche Emotionen.
    Südlich Bremen kamen wir mit den Rädern an so etwas ähnliches wie ein Trabstrecke vorbei, doch ohne Ortskenntsnis - wo?
    Ohne Asthmaspray hilft nur die Flucht.
    Lieben Gruß!

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    1. Wo treibst du dich denn rum ;-) Der Rennverein ist nach Mahndorf (grobe Richtung Achim/Uphusen mit den Pferden umgezogen - das könnte man unter südlich Bremen einordnen. "Ohne Asthmaspray hilft nur die Flucht" ... wem sagst du das. Ich finde dieses Jahr ist es mit den Pollen ganz besonders schlimm.
      LG Christiane
      die im Moment auch mit Schreibwiderstand zu kämpfen hat

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