Freitag, 25. Februar 2022

Kleinholz

Hurra, es ist hell, die Sonne scheint, nichts nasses von oben, nur ein mäßiges, kühles Lüftchen bewegt den vorfrühlingshaften Tag. Nichts wie rein in die Schuhe, in eine Jacke eingemummelt und gleich nach dem Frühstück ab in die Natur. Mit der enthusiastischen Idee bin ich nicht allein, es ist alles unterwegs, was laufen, radeln und reiten kann oder einen Trecker oder Hund besitzt.

Meine mehr oder weniger ausgedehnten Walking Runden bewegen sich immer auf den gleichen Wegen. Ich will nicht meckern, derer sind es einige und man kann die  Routen nach Lust und Laune wechseln. Trotzdem wird es auf Dauer langweilig weil man immer vom gleichen Ort weg und wieder hin strebt. Um mir die Zeit unterwegs zu vertreiben, haben einzelne markante Punkte von mir Namen bekommen. Wie Haltestellen auf einer Buslinie : Grabenweg, Feldende, Durststrecke,  Runterfallpatz. Letztere Benennung dem Umstand geschuldet, dass ich hier mal vom Pferd gefallen bin. Shit happens.

Die Bilanz:  6 km gelaufen, den Betonstreifenweg bis ans Ende und dann einen rutschigen Grasweg bis zur nächst größeren Querstraße. Gleiche Strecke zurück. Äcker und Wiesen rechts und links, parallel zu einer vielbefahrenen Bundesstraße in einigen Kilometern Abstand. Der Geräuschpegel ist dezenter aber ständiger Begleiter. Zwischendrin Vogelzwitschern, die Stare sind schon da.

Was man nicht hört, sind E-Bikes die sich von hinten nähern. Die bemerkt man erst, wenn sie einem schon auf den Hacken sitzen. Heute habe ich Glück, man ist rücksichtsvoll.  Ein Bauer steht mit Treckergespann an einem riesigen Lager von Strohballen und ist am Aufladen.  Auf dem Rückweg schleicht eine Reiterin auf einem Tinker im Schritt hinter mir her, der Abstand vergrößert sich, man sollte meinen Pferd sei schneller.  Hätte ich noch einen reitbaren Untersatz, wäre ich es.  Die Dame, die immer den rumliegenden Müll aufsammelt, ist auch unterwegs. Wir schnacken kurz, 11 Jahre macht sie das schon. Flaschen, Imbissverpackungen, Taschentücher ...  es ist ihr immer noch nicht begreiflich, warum die Leute alles in die Landschaft werfen. Wir rätseln beide und ich erzähle von den hochhackigen Lackstiefeln in Größe 46, die ich einmal im Gebüsch gefunden habe.  Vier schwarz gekleidete Fahrradfahrer mit signalgelb leuchtenden Fahrradhelmen und Westen kommen mir entgegen. Mit dunklen Sonnenbrillen und mürrischen Blicken. Nur der letzte grüßt - Wir schenken uns ein Lächeln. Ein Jogger, eine Frau mit einem gold-braunen Hund und ein Pärchen mit Kinderwagen genießen die Sonne. Die Reiterin ist in einen Seitenweg eingebogen genau wie vorher eine Gruppe von Spaziergängen vor mir.  Erfreulicherweise fährt niemand Gülle.

Ein Blick auf die Sturmschäden: Die gefallenen Bäume am Betonstreifenweg liegen schon zersägt am Rand. Über den Grasweg hat sich ein Baum quergelegt. Ein Ansitz hat sich schräg zwischen 2 Bäumen verkeilt. Auf den nicht so frequentierten Wegen lässt man sich Zeit mit der Beseitigung der Sturmschäden. Die sind, was die Bäume angeht, recht groß. Manche samt Wurzel aus dem aufgeweichten Boden gekippt, manche einfach an der Sollbruchstelle gesplittert und abgeknickt.  An der Fallrichtung lässt sich die Windrichtung bestimmen.  Südwest bis West. Die Nacht von Zeynep hatte es einen geparkten Anhänger mit Plane vor dem Sturm hergetrieben. Er fiel platt in den Acker und bekam  Aufmerksamkeit von Polizei und Feuerwehr. Einem Nachbarn flogen die Ziegel vom Garagendach. Morgens um 9 Uhr war bereits der Dachdeckerbetrieb mit dem Wiedereindecken fertig und der Anhänger konnte vom Besitzer aus dem Acker geborgen und aufgerichtet werden.

Ein friedlicher Tag sollte man meinen. Leider sieht das in einigen Ecken der Welt nicht so aus. Hat Corona nicht gereicht, um das gewohnte Leben aus den Fugen zu hebeln? Da setzt einer noch einen Krieg drauf. Keiner will das, trotzdem passiert es.

Seid achtsam miteinander.




Kleinholz am Betonstreifenweg


eine pappel einfach aus dem Acker gekippt, die Eiche dahinter war standfester


zum wegwehen hat es nicht ganz gereicht, Selfie mit Kollateralschaden


Frühling in Sicht


4 Kommentare:

  1. Moin liebe Christiane,
    bereits gestern war ich mit dir unterwegs, dein Eintrag hat mich voll mitgenommen, so gut geschrieben!
    Leider nahm mich dann die Aktualität gefangen.
    Viele boshafte Kommentare im Internet, viele mit eigenen Interessen, manches Nachgeplapper ohne Prüfung machte mich unwillig am Läppi.
    Der Wintersport im TV wurde meine Rettung.

    Ganz herzliche Grüße!
    Kelly

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  2. Moin zurück,
    danke dir für die Blumen :-) ja, das Internet .. Alle glauben zu wissen, vor allem, wer der Schuldige ist. Halbwahrheiten machen die Runde, keiner bemüht sich etwas zu hinterfragen. Ich checke mittlerweile alles, was mir nur annähernd suspekt vorkommt, an verschiedenen Quellen.
    LG Christiane

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  3. welch wunderbare Wegbeschreibung liebe Christiane, du hast ein sehr achtsames und aufmerksames Auge was man heutztage mehr und mehr selten sieht,...
    ich bin mir dir mitgewandert, konnte deine Eindrücke, die Farben und Geräusche mit wahrnehmen und mich daran erfreuen..
    wundere mich etwas über fehlenden Applaus.- und dann wieder doch nicht, weil ich ja weiß dass längere Texte wenig Aufmerksamkeit bekommen...
    ist leider so - muss man sagen...
    in deiner Gegend - bisher bin ich noch nicht so weit feststellen zu können - WO das genau ist - siehts - fast genauso wie hier aus, ich hätte sie also bis hierher gedanklich biemen können!!!:-))
    ich finde deinen beitrag Kleinholz ganz wunderbar...
    so wie du in ge - und beschrieben hast, lyrisch poetisch wirkungsvoll - schön...
    herzlich angelface

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    1. Danke. Wenn man so allein unterwegs ist, hat man Muße, die Einzelheiten aufzunehmen. Manche stöpseln sich ja auch Musik ins Ohr beim laufen aber das könnt ich nicht. Dafür kenn ich hier jeden Grashalm ;-) Gegend: kurz hinter Bremen, südliche Richtung. Vielen Dank für deine Kommentare.
      LG Christiane

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