Montag, 27. September 2021

Ostfriesische Hafenidylle

Viele Menschen haben Sehnsucht nach dem Meer.  Einmal durchatmen, die Gedanken dem Wind aussetzen, die Lunge mit salziger Luft füllen und mit klarem Kopf und Sand in den Schuhen nach Hause kommen. So war das früher, denke ich an unsere Ausflüge an die Nordsee und die beschaulichen Fischerörtchen, von denen die Fähren zu den Inseln starten. Feriengäste der robusten Art traf man dort, mit gelben Regenzeug und Gummistiefeln - je hartgesottener, je später im Jahr machte man Urlaub.

Wir machten uns am Wochenende auf den Weg. Schon auf der Fahrt an die Nordsee, als das Land flach wurde, und die liegenden Schwarzbunten die einzigen Hügel in der Landschaft waren, konnte ich den Blick übern Deich kaum erwarten. Viele Windparks gibt es hier jetzt, manchmal auch einzelne Windräder direkt hinterm Bauernhaus. Den Ostfriesen scheints weniger zu stören als den Rest der Republik. Der pragmatische Küstenbewohner denkt sich "hinten, wo das Windrad steht, ist der Altenteil und Oma ist ohnehin taub" ;-).

Nach vielen, vielen Jahren waren wir also am Wochenende einmal wieder in Neuharlingersiel.  Erster Eindruck:  die Parkflächen haben sich verdreifacht, sind vollgeparkt mit SUVs. Busse mit Tagesgästen, Parkautmaten, Fischbuden, Eisverkauf, Kunst im Raum, Straßensänger. Viel bunt, viele Leute (erschreckend: fast alles Senioren wie wir ) und mittendrin immer wieder Fahrradfahrer. Touristen statt Feriengäste. Nichts mehr mit Beschaulichkeit und Krabbenverkauf direkt vom Kutter.  Positiv: öffentliche Toiletten direkt auf dem Parkplatz und auch noch umsonst.

Auf dem Deich mit Blick auf das Watt und dem typischen Geruch in der Nase klingt noch einmal das Gefühl von früher nach. Die Fähre nach Spiekeroog pflügt sich gemächlich durch die Fahrrinne gen Insel. Die Möwen begleiten sie wie eh und je. Man kann rüberschauen, es scheint so nah.  Irgendwann würde ich gern noch mal hin.

Fazit:
Hin und zurück 3 1/2 Stunden Fahrzeit,  der Ehemann, der zu Krämpfen in den Beinen neigt, hat durchgehalten
Lecker Krabbenbrötchen gegessen, ein Eis geschleckt und Dekokram in einem netten Lädchen gekauft. Übern Deich geschaut, ein bisschen Sehnsucht gehabt.
Ich gewöhne mich an den Anblick von Windrädern und entwickele eine Abneigung gegen Fahrradfahrer. 
Zu viele Leute, zu viele Autos für so ein kleines Fleckchen Erde mit Hafen. Die Kutter nicht mehr schwarzweiß sondern bunt. Die Zeiten haben sich geändert. Alles scheint so gleich, so vorhersehbar. Keine Magie, kein Staunen, kein Entdeckermodus wie früher. "Bleibt alles anders" sagt Herr Grönemeyer. Da hat er wohl recht. Schön war es trotzdem.










Inselfeeling vor über 40 Jahren



Mittwoch, 22. September 2021

Von Fusseltennis und wandernden Gymnastikbällen

Ich gehe jetzt brav zum Rehasport. Abgesehen von der Frage, ob diese Art der sportlichen Betätigung in meinem Fall etwas bringt, kommt man ins Zweifeln ob angesichts einer immer größer werdenden Gruppe Mitleidender nicht doch Corona zuschlagen könnte.

Der Übungsleiter versucht uns durch abwechslungsreiche Betätigungen mit immer neuen Sporthilfsgeräten bei Laune zu halten. Wir hatten schon Hanteln (tödlich für meine Schultern), Reifen in alle Richtungen drehen und dehnen (s. Hanteln), Hockergymnastik (sobald ich meinen Bauch einenge kann ich nicht mehr atmen) , Brasils (kleine stachlige Handgewichte mit beweglicher Füllung - meine Lieblingsteile für die Seniorengymnastik zuhause), große Gymnastikbälle und Schaumstoff-Frisbees.

Die letzte Stunde fand befreiender Weise mit wenig Teilnehmern statt und fand allgemein Anklang, weil lustig. Die Gerätschaft in Form eines Frisbee-Rings mit Netz in der Mitte war leicht zu händeln und das "Fusseltennis" (wie ich es getauft habe) bei dem wir uns mit dem Netz einen  kleinen "Ball" in Form eines Staubwedels zuspielten, ungemein erheiternd. Leider fand ich die Scheiben und Ball noch nicht im Internet, sonst wäre das etwas, was man auch im Wohnzimmer spielen könnte.

Was ich aufgrund der Rehastunden wieder aktiviert habe, ist mein Gymnastikball. Selbiger hatte seinen 1. Job  in einer Rechtsanwaltskanzlei. Später landete er in einer staubigen Garage inmitten von Baumaterialien. Dort erregte er mein Mitleid,  fand so seinen Weg zu mir. Diente eine Zeitlang als Sitzball und dann - da mir das Wohl anderer ja immer am Herzen liegt - unseren Pferden als Spielball. 15 Jahre lang hat Hendrik, so nennen wir ihn, auf der Wiese gelegen, im Auslauf, im Schuppen und hat, wenn er sein freudloses Dasein satt war, auch schon mal das Weite ergriffen. Vornehmlich bei heftigem Wind. Ein halbes Jahr galt er nach einem Schneesturm als verschollen, tauchte dann unvermittelt bei Nachbarn und deren Pferden auf und landete nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder bei uns. Beim 2. Ausreißer wusste die Nachbarschaft schon Bescheid und man hat mich umgehend von einem Bauernhof einen Straßenzug weiter informiert, dass man den blauen Ball eingefangen habe.  Danach haben wir ihn in die Scheune verbannt und jetzt liegt er gesäubert und aufgepumpt wieder in meinem Büro. Ich glaube, er ist glücklich. Ich soweit auch, habe ich doch meinen sperrigen Schreibtischstuhl verbannt und Platz für gymnastische Workouts gewonnen.





der blaue Ball hat es nicht immer leicht gehabt aber soweit alle Widrigkeiten überstanden


Nachtrag

Beispiel für ein "Fusseltennis-Set". Die bei der Reha verwendeten Frisbees hatten eine weiche Kante und das Netz war auch nicht so stramm. Beim gegenseitigen Zuwerfen für Kinder und Senioren besser geeignet, damit es nicht aus Versehen ein blaues Auge gibt. Für das Spielen mit dem Ball - übrigens wohl ein Spiel, das man am Strand spielt, eine gängige Bezeichnung dafür konnte ich nicht finden - eignet sich diese stabilere Variante besser. Gibt es auch von anderen Firmen oder auch mit Griff. Suche noch einen Namen für den witzigen "Ball".





Montag, 13. September 2021

Wieder im Trott - Huntepadd

Im Moment bin ich guten Mutes, dass sich mein Leben wenigstens annähernd wieder normalen Bahnen zuwenden könnte. Wenn auch der Ehemann überraschend einen Rückzieher gemacht hat, als es um das Einschläfern unserer braunen Stute ging und ich die Achterbahn, denen er meine Emotionen so leichtfertig aussetzt, zum wiederholten Mal überstehen musste, war ich am Wochenende in der Lage zu einer kleinen Wanderung.

Der Huntepadd ist ein kurzer aber landschaftlich sehr schöner Rundwanderweg. Zudem ist der Ort Dötlingen bei mir positiv besetzt. Hier war früher unser Schullandheim und ich erinnere mich gern an die Aufenthalte. Meine Kondition ist den Umständen entsprechend gut. Atemprobleme gab es weniger beim Gehen sondern beim Bücken (hatte die kleine Kamera mit und gehe gern mal in die Hocke beim Fotografieren). Der Ehemann hatte mehr Probleme mit dem laufen als ich.

War anfangs der Himmel noch bedeckt, verwöhnte uns später die Sonne und sorgte für lichten Wald und Reflexe auf dem Wasser. Ich würde ja gern die Pfade abseits des Rundwegs erkunden. Das muss aus Rücksicht auf unserer beider Gesundheit erst einmal unterbleiben und so bleibt es bei unserem ganz persönlichen, bescheidenen Weg. Schließlich wollen wir ja nicht den Jakobsweg bezwingen.  

Ein Höhepunkt  der Wanderung ist die Glaner Braut. Ein steinzeitliches Gräberfeld inmitten der blühenden Heide. Wir sind hier in der Wildeshauser Geest, da gehört beides in die Landschaft. Die Hunte, hier noch ein beschauliches Flüsschen, ist im späteren Verlauf auch schiffbar und mündet bei Elsfleth in die Weser.  










letztes Jahr um die gleiche Zeit